Wunderwasser

Wunderwasser

Ich hatte mich verloren. Eines Tages erwachte ich und wusste nicht mehr, wer ich war. In einem langen, schleichenden Prozess war ich mir abhandengekommen. Und hätte mich nicht Verena an diesem Morgen angerufen, läge ich vielleicht heute noch im Bett, mit der Decke über dem Kopf, voller Verwirrung, unfähig, irgendeinen Sinn in meinem Leben zu erkennen.
Ich verließ gerade die Toilette, als das Handy klingelte. Schon wollte ich den Anruf wegklicken, als ich auf dem Display Verenas Namen sah. Sie war seit Kindertagen meine beste Freundin und die einzige Person, die ich gerade ertragen konnte.
„Ja?“, flüsterte ich schwach.
„Aglaja?“, fragte Verena irritiert, „ist was?“
Ich konnte nicht antworten und brach in Tränen aus.
„Aglaja, Schatz, was ist denn? Ist was passiert? Soll ich kommen?“
„Ich weiß nicht.“
„Was weißt du nicht?“ Verena war jetzt alarmiert.
„Ich weiß nicht mehr, wer ich bin.“
Für einen Augenblick war es still. Dann kam ein resolutes: „Bleib, wo du bist, ich komme.“
Ich stand mit dem stummen Handy im Flur, unfähig auch nur einen Schritt zu tun und dort stand ich noch immer, als Verena hereinkam. Hätte sie nicht einen Zweitschlüssel gehabt, als einzige übrigens, wäre ich möglicherweise nicht in der Lage gewesen die Tür zu öffnen.
Wenig später lag ich auf dem Sofa, in dicke Decken eingemummelt und eine Tasse Kakao in der Hand. Verena saß zu meinen Füßen und nahm einen Schluck aus ihrer Tasse.
„Erzähl“, kam es in einem Ton, der keinen Widerspruch duldete.